Einführung Zen Psychotherapie

Vor 2500 Jahren stellte ein Mensch in Nordindien, später der Buddha genannt, die grundsätzliche Frage, warum Menschen (und andere Lebewesen) eigentlich leiden müssen. Es gibt immer einen Grund oder Gründe, warum man leidet, aber warum gehört dieses Leiden anscheinend so unausweichlich zum Leben ? 

 

Weiter stellte er sich die Frage, ob es möglich wäre, mit diesem Leiden anders umzugehen, vielleicht sogar so zu leben, das das Leben befriedigender und leidfreier wird.

 

Auch heute stellt sich uns diese Frage spätestens dann von ganz allein, wenn in unserem Leben etwas schief läuft, wenn wir anfangen festzustellen, dass wir uns gerade im Leid gefangen fühlen. Der moderne Mensch sucht dann vielleicht einen Psychotherapeuten auf, jedenfalls wenn Pillen, Alkohol, Konsum und sonstige Ablenkungsmanöver nicht fruchten. Leider kann Psychotherapie dieses Leid aber nicht einfach wegmachen, wie es sich viele erhoffen. Das Leiden fordert uns auf, uns zu verändern, innerlich zu wachsen, das gewohnte Gleis zu verlassen. Psychotherapie ist dabei Ansporn, Hilfe, Wegweiser, Begleitung und auch Spiegel zur Bewusstwerdung.

 

Westliche Psychotherapie hat sich heute sehr differenziert entwickelt und ist längst nicht mehr nur freudianisch. Von der Psychoanalyse bis zur Verhaltenstherapie spannt sich ein breiter Bogen mehr oder weniger wirksamer Ansätze. Alle diese Ansätze haben gemein, das Sie davon ausgehen, dass das Ich des Menschen zum Glück fähig ist, wenn es denn nur gesunde und stabile Strukturen aufweist. Das Ziel der meisten dieser Therapien ist es, das Ich zu stärken und den Menschen wieder zu einem funktionalen Mitglied der Gesellschaft zu machen. 

 

Obwohl dagegen nichts einzuwenden ist, würde Buddha wohl sagen, das gerade die übermäßige Identifikation mit diesem Ich, diesem kleinen Selbst, der wirkliche Grund des Leidens ist und jemand erst wirklich heil oder normal wird, in dem Maße als er den Leid erzeugenden Mechanismus der Identifikation erkennt und überwindet. Wir erzeugen selbst unser Leid, in dem wir leidvolle Ideen und Gefühle produzieren, die in der falschen Annahme eines von allen anderen getrennten Ichs wurzeln. Die Überwindung dieser Anhaftung erfordert tiefe innere Einsicht und dieser Einsicht entsprechendes ethisches Verhalten.

 

Das klingt anspruchsvoll und der Buddhismus als Religion oder Lebensphilosophie ist auch wirklich anspruchsvoll. Wenn uns das Leben gerade beutelt oder wir uns depressiv fühlen, überfordert uns vielleicht ein solch hoher Anspruch erst einmal und wir suchen einfach Trost und Hilfe, die uns da abholen, wo wir gerade sind. Genau das macht ein buddhistischer Psychotherapeut. Er oder Sie nimmt uns an, ohne Wertung, ohne uns ein Konzept überzustülpen, ohne uns zu missionieren. 

 

Zen-buddhistische Psychotherapie hilft Menschen mit den gleichen Mitteln wie andere Psychotherapien auch, mit Gespräch, mit Körpertherapie und Prozessarbeit und vielen anderen Methoden. 

Der relevante Unterschied ist die innere Haltung und Sichtweise des Therapeuten. Unser Leid wird nicht einfach als eine Funktionsstörung betrachtet, die es möglichst schnell zu beseitigen gilt, sondern als Karma, als unser Schicksal, dessen eigentlicher Sinn darin liegt, das es uns ermöglicht zu wachsen und bewusster zu werden und das uns manchmal sogar erst einen guten Lebensweg aufzeigt. 

Unser individuelles und einzigartiges Leid ist nicht einfach nur unser Versagen, das uns zur Schande gereicht, sondern darin spiegelt sich das Ringen aller Menschen um Befreiung und Glück wieder. Buddha sagt, das wir alle in derselben Lage sind und keiner besser als der Andere und derjenige, der Leid kennt und es überwindet ist ein Held. Das gibt uns und unseren schmerzhaften Erfahrungen die Würde zurück und lässt uns reifer werden.

 

Der Sinn dieses Blogs ist es klarer zu machen, was Zen-buddhistische Psychotherapie ist, worin sie sich von herkömmlichen Psychotherapien unterscheidet und für wen Sie geeignet ist. 

Zen-buddhistische Psychotherapie ist ein neues Konzept, ein Konzept, das im Moment noch am Entstehen ist und das noch lange keine abgeschlossene Form darstellt. Ich hoffe dieser Blog wird beim Gestaltannehmen dieser Therapieform helfen. Er ist sowohl für meine Klienten gedacht, als auch für Kollegen, die sich für das Thema interessieren oder selbst Teil dieser Entwicklung in der Psychotherapie sind.

Kommentar schreiben

Kommentare: 1
  • #1

    Walter (Freitag, 28 Juli 2017 21:53)

    Lieber Martin, vielleicht hast Du Lust, Dich mit der aus dem Geist des Zen entstandenen japanischen Moprita-Therapie vertraut zu machen?